Wir wollten Bäume. Große, alte Bäume. Sequoias. Unbedingt! Und was soll ich sagen: Wir haben sie bekommen. Alte, riesige, wundervolle Sequoias, die einfach mal da stehen. Und denen irgendwie nix was anhaben kann: kein Feuer, keine Vollidioten, die Tunnel reinschneiden (der Baum hat’s überlebt, die Schnitzkünstler von 18hundertirgendwas sind längst Geschichte), keine Schneestürme. Durch diesen Teil des Parks zu wandern war ehrfurchtsvoll, erhaben und wunderschön. Eine Andacht in der Natur, ohne da jetzt irgendwas Religiöses reininterpretieren zu wollen. Einfach ein unglaubliches Stück Erde! Ich bin immer noch beseelt von dieser Schönheit, von der Größe und der sanften Macht dieser Bäume. Unglaublich und so nicht von mir erwartet. „Live long and prosper“ war das, was mir angesichts dieser Bäume in den Sinn kam. Ein angemessener Gruß für die Riesen.
Wir hatten extra einen Tag länger in Yosemite geplant, weil wir schon geahnt hatten, dass wir mit einem nicht auskommen. Jetzt hatten wir gestern schon zufällig das meiste von unseren Must-Sees erspähen dürfen, so dass heute „nur noch“ die Baumriesen übrig blieben. So haben wir uns einfach Zeit genommen, gestaunt und gespürt. Zu den Bäumen ging’s per Shuttle-Bus, perfekt organisiert von den Rangern dort. Wie geil ist das eigentlich, wenn man auf die Frage nach dem Beruf sagen kann: „Ich bin Ranger im Yosemite Park!“ oder „Ich bin Busfahrerin bei den Sequoias!“?
Auf der Wanderung selbst – wir haben den 2-3 Meilen (knapp 4 km) langen „Grizzly Giant Loop“ gewählt – haben sich die befestigten Wege wunderbar in die Landschaft eingefügt, die Beschilderung war super und die Infos auf den Schautafeln waren spannend. Auch die „Bitte-nicht-durch-die-Landschaft-stiefeln“-Schilder lieferten die Begründung dafür gleich mit. Eine 5-Sterne-Erfahrung, mindestens. Die machen da echt einen guten Job.
Auf unserem Weg sind wir an einigen herausragenden Sequoia-Vertretern vorbeigekommen: dem „Fallen Monarch“, dem über 2000 Jahre alten „Grizzly Giant“ (dessen Äste es locker mit den Stämmen alter Eichen aufnehmen können und der etwa so hoch wie die Freiheitsstatue ist), dem „Bachelor and three Graces“ und dem „Tunnel Tree“. Dazwischen noch jede Menge andere tolle Bäume: verschiedene Pinien, Kiefern, andere Pflanzen, die versuchen, Land zu gewinnen. Und immer wieder verkohlte Flächen, wo kleinere Feuer gewütet hatten. Das ist aber nicht schlimm, sondern wichtig für die Sequoia-Population, wie wir heute gelernt haben: Die Feuer schaffen Platz für den Nachwuchs, während die alten Sequoias dem Feuer einfach trotzen.
Die Zeit für diese Wanderung war mit 2-3 Stunden angegeben. Eigentlich etwas viel für 4 Kilometer. Aber es gab sooooo viel zu sehen, so viel zu entdecken und so viel in sich aufzunehmen, dass die Zeit ziemlich realistisch war. Und Vögel gucken, Hörnchen beobachten und junge Rehe erspähen mussten wir ja auch noch! Schlussendlich wieder am Ausgangspunkt angekommen, waren wir dermaßen sattseligvoll mit Eindrücken, dass wir es für heute gut sein gelassen haben. Noch ’ne Runde über den Supermarkt, Futter für heute Abend eingekauft und es uns auf der Veranda gemütlich gemacht.
Und bevor uns noch der Waschbär, der hier laut unseren Hosts rumschleicht, das Gemüse klaut, grillen wir es jetzt lieber selbst.
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