Vorab: Dieser Eintrag wird tränenreich. Und emotional. Wir haben geheult, getrauert, waren erschüttert und konnten nicht hinsehen. Und trotzdem – oder gerade deswegen – war es gut.
Tränen
Wir haben das 9/11-Memorial besucht. Und es hat uns deutlich mehr mitgenommen, als wir gedacht hatten. Vor allem Susanne, die bei ihrem ersten NY-Trip vor 37 Jahren die Stadt von der Aussichtsplattform des Südturms genossen hatte, war die kompletten zweieinhalb Stunden in Tränen aufgelöst. Auch mein Herz krampfte sich immer wieder zusammen und ich musste kurz innehalten, um mich zu sammeln.
Und verdammt noch mal, das war kein Wunder. Die Ausstellung ist genial gestaltet – zwischen Fakten, den genauen Abläufen, verbogenen Stahlträgern und zeitgeschichtlichen Dokumenten würdigt sie die Opfer und Überlebenden des Anschlags, lässt sie in Schrift, Bild und Ton zu Wort kommen und zeigt persönliche Gegenstände, die in den Trümmern gefunden wurden. Demolierte Feuerwehr-Autos, Flugzeugtüren und Aktentaschen, verkohlte Zettel, letzte Anrufbeantworter-Nachrichten: Die Katastrophe wird so menschlich und damit so fürchterlich. Fast 3000 Tote, Tausende von Familien und Freunden, die jemanden verloren hatten. Eine vermeintliche Sicherheit und Unversehrtheit, die nicht mehr bestand.
Ich habe viele Zeitdokumente aus Internet, Fernsehen und Zeitung wiedererkannt, viele letzte Nachrichten hatte ich schonmal gelesen, viele schlimme Bilder hatte ich schon einmal gesehen. Aber das alles nochmal geballt zu sehen, war eine ganz andere Nummer. Und wenn man sich klar machte, dass man gerade genau da war, wo es passiert war, persönliche Gegenstände wie Brillen und Schuhe sah, man auf rund einen Meter hohe Brocken blickte, die einmal 5 Stockwerke waren, und Schilder las, die besagten, dass die Überreste vieler Opfer noch hinter einer Wand lagen und ihr Andenken dort gepflegt wurde – mir fehlen die Worte. Die Ausstellung unter dem Nord-Turm, die dem persönlichen Gedenken der Toten gewidmet war, haben wir uns gar nicht erst angetan. Das hätten wir nicht gepackt.
Wieder an der frischen Luft, haben wir noch an den Wasserbassins innegehalten, die an den Stellen der ursprünglichen Türme gebaut worden waren. Versiegelte Wunden, aber nicht kaschiert. Eine wirklich würdige Gestaltung, wie ich finde. So langsam ging es dann auch bei uns wieder.
Über Wasser gehen
Meine Eltern haben mir immer gesagt, dass „die Amerikaner ja gar keine wirkliche Geschichte haben“, weil sie eine so junge Nation sind. Sorry, Mama, haben sie wohl – und sie legen Wert drauf. Man kann ihr quasi nicht entkommen, weil die Amerikaner immer wieder darauf verweisen. Sie hat vielleicht wenig bis keine Einträge für 1098 oder so, aber 1492 ist ja auch was. Selbst auf der Brooklyn Bridge, über die wir am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein gewandert sind, sind entsprechende Plaketten. Schon in den 1870ern ging’s los mit dem Bau! Heute kommt das gemauerte Bauwerk richtig gut durchdacht mit Autos und Fahrrädern unten und einem gut 2 km langen Fußweg oben daher. So kann man’s aushalten und jeder hat Platz.
Und ja, wir haben darauf den Atlantik überquert. Okeeeee, einen Teil davon. Der East River ist ja gar kein Fluss, sondern ein Stück Ozean, wie wir auf der Schiffstour am Donnerstag gelernt haben. „Wir gehen auch über Wasser, wenn da Brücken sind…“ *sing*
Lichtermeer
Auch unsere letzte, spontan eingeschobene Station atmete Geschichte und Gegenwart gleichermaßen: Unser City-Pass beinhaltete noch „Top of the Rock“ – den Blick vom Rockefeller-Center hinunter auf die Stadt. Wir wollten Manhattan mit seinem Lichtermeer nochmal im Dunkeln sehen: gute Entscheidung, auch wenn wir lange bis zu unserem Time-Slot warten mussten. Die Zeit haben wir uns mit einer Salatbowl (Vitamine! Lecker! Gesund!) und einem Besuch des Time Square am Abend (Völlig irre! Bunt! Voll!) vertrieben.
Das Rockefeller, dessen Bau während der Depression sehr viel Positives für die Stadt und die Nation mitgebracht hat, ist nochmal ganz anders als das Empire State Building, und man kann von ganz oben ohne Gitter oder Glasscheiben runtersehen (keine Sorge, es ist terrassenförmig aufgebaut. Runterfallen ist nicht.) Und New York von oben bei Nacht: Macht das, wenn ihr die Gelegenheit habt! Unbedingt. Wobei mein Hirn komplett voll war und ich nicht mehr viel aufnehmen konnte.
So voll unser Hirn war, so leer waren unsere iPhones. Und New York ohne Smartphone ist … schwierig. Aber wir alten NY-Hasen haben es geschafft: Mit den letzten Zuckungen des Akkus noch den Weg rausgesucht, dann souverän Subway gefahren (so langsam haben wir es raus), Papier (!!)-Tickets für den Bus nach New Jersey erstanden und in die Sitze gefallen. Hügel rauf, Treppe rauf, Bett.
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